Systemische Traumatherapie

Systemische Traumatherapie

 

Was versteht man unter Trauma?

Das Wort „Trauma“ beschreibt eine seelische Verletzung, aufgrund eines oder mehrerer äußerlich einwirkender Vorkommnisse auf den Menschen. Der Betroffene gerät plötzlich und unerwartet in eine für ihn schockierende Lebenssituation, welche klein bis groß oder einmal bis dauerhaft ausfallen kann. Unter traumatisierenden Situationen fallen einerseits Unfälle, Kriege, Entführungen und Naturkatastrophen, sowie sexueller Missbrauch oder körperliche wie auch seelische Misshandlungen.

Es genügt bereits Zeuge eines solchen Ereignisses zu sein um traumatisiert zu werden. In den meisten Fällen wird den Betroffenen die eigene Kontrolle entzogen, während eine Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit und seelischen Integrität stattfindet. Damit verbunden sind die Gefühle von Machtlosigkeit und extremer Angst sowie die Befürchtung möglicherweise zu sterben. Emotionen werden verdrängt, wenn nicht sogar ausgeschaltet, um dann letztlich zum Stillstand zu kommen. Die Betroffenen fallen in den sogenannte Totstellreflex, sie fühlen sich erstarrt, betäubt und empfindungslos. Im Falle eines Traumas bleiben daraufhin oft posttraumatische Störungsbilder im Gedächtnis des Betroffenen zurück.

Insbesondere Traumata, die bereits im Kindesalter stattfanden, wie zum Beispiel körperliche Misshandlung, sexuelle Gewalt, psychischen Abwertung oder Vernachlässigung, können zu schwerwiegenden physischen, emotionalen, kognitiven wie auch gesellschaftlichen Entwicklungsstörungen führen. Die Folgen eines Traumas können sich dann bis ins spätere Leben der Betroffenen ziehen, so zeigen diese häufig psychosomatische Erkrankungen und eine verstärkte Stressempfindlichkeit.

Wie laufen traumatische Situationen in unserem Gehirn ab?

Im Falle eines normal verlaufenden Verarbeitungsprozesses im Gehirn treffen Umweltreize bzw. Informationen auf unsere Sinnesorgane. Anschließend werden die Informationen gefiltert und nur diejenigen, die als wichtig angesehen werden, weitergeleitet.
Es kommt zur Analyse der Situation, dabei wird eingeschätzt, ob es sich um eine ungefährliche oder bedrohliche Lage handelt. Anschließend wird an die Situation die dazu passenden Emotionen geknüpft und gespeichert.
Das Geschehene wird nun mit früheren Erfahrungen aus dem eigenen Leben verglichen. Um diese dann im Langzeitgedächtnis abzuspeichern, erfolgt eine zeitliche sowie geografische Zuordnung. Dieser Prozess, angefangen von Aufnahme der Informationen bis zur langfristigen Speicherung, verläuft im Gehirn unbewusst und überaus schnell.

Bei der gestörten Verarbeitung eines traumatischen Ereignisses kommt es erst zur Verarbeitung der Sinneseindrücke, allerdings brennen sich die traumatischen Erinnerungen regelrecht ins Gedächtnis ein und entwickeln dabei ein nicht zuzuordnendes Eigenleben. Letztlich kommt es daher zu keiner wirklichen Zuordnung und Verbindung des Erlebten mit der Realität. Es entstehen gewisse Lücken, denn es wurde keine bzw. nur eine unvollständige Speicherung vollzogen.

Wie reagiert der Körper?

Während eines Traumas findet eine Reiz- und Gefühlsüberflutung statt, welche zu einer hohen Erregung und hormoneller Überbelastung führt. Durch die hormonelle Überbelastung wiederum werden Verbindungen im Gehirn getrennt, ansonsten käme es zu einer irreversiblen Schädigung. Der Körper ist unter einer dauerhaften Alarmbereitschaft und mobilisiert dabei die zur Verfügung stehenden Energiereserven. Darunter wird der Blutdruck und die Atemfrequenz erhöht, sowie die Bein-, Waden-, Brust-, Hals- und Bauchmuskulatur angespannt. Man ist allseits bereit die Flucht oder Verteidigung zu ergreifen.

Mögliche Folgen und Symptome eines Traumas:

Nicht jedes der zuvor aufgeführten Situationen und Vorkommnissen muss zu einer psychischen Störung führen. So kann 60 % der Betroffenen durch Bezugspersonen, Aufgeschlossenheit und Kontaktfreudigkeit geholfen werden. In Kombination mit den eigenen Ressourcen wie Intellekt und Lebenskraft bleiben dann so gut wie keine Lebens-einschränkenden Folgeschäden zurück.

Allerdings gelingt dies nicht allen Betroffenen und so bleibt nach dem Erlebten meist nur die Sprachlosigkeit zurück. Über das Geschehene und über die eigenen Gefühle kann nicht geredet werden, da die Verbindungen im Gehirn gekappt wurden.
 Des Weiteren treten die Symptome wie Überregung und Vermeidungs- und Kontrollverhalten auf. Ist einmal die traumatisierende Situation vorüber, bleibt der Körper doch ständig bereit zur Flucht, daher sind die meisten Menschen extrem schreckhaft und über wachsam. Zum anderen sind sie oft in jeder Situation überfordert, fühlen sich bedroht, da sie die Situation nicht einschätzen können.

Oft spielen Schlüsselreize wie Gerüche, Farben, Wörter, Themen oder Verhaltensweisen von Menschen, sogenannte „Trigger“, eine wichtige Rolle. Denn diese erinnern an das traumatische Ereignis und erschaffen eine Reinszenierung des Traumas. Darauf folgen heftige Reaktionen wie zum Beispiel Wut, Angstzustände, Atemnot oder Erstarrung. Die Gedanken, Bilder wie auch Wahrnehmungen, die dabei hochkommen sind für den Betroffenen nicht möglich auszublenden.

Es kann aber auch zu Störungen des Kurzzeitgedächtnisses kommen, die durch die ständige Hormonausschüttung zustande kommt. Der Betroffene bewertet das Umfeld als feindselig und gefährlich. Ständig werden Situationen über analysiert und es kommt zu Beeinträchtigungen.

Kommt es zu einer Diagnose des Traumas, das heißt die Symptome konnten den traumatisierenden Erlebnissen zugeordnet werden, kann dies bereits zur Erleichterung des Betroffenen führen.

In einem Trauma geht es um den Kontrollverlust, daher ist das Ziel in der Traumatherapie diese wieder zu erlangen. Hilfreich dabei ist die Stärkung der eigenen Ressourcen. Das Trauma kann nur überwunden werden, indem man ein positives Gegengewicht erstellt, wie beispielsweise heilende positive Bilder. Diese Bilder schaffen im Gehirn ein Gefühl der Sicherheit und können den Betroffenen im Alltag sehr gut weiterhelfen.

Bezüglich der Trigger, wird ein Zusammenhang zwischen dem Moment, der erlebt wird, der Reaktion und der traumatischen Situation hergestellt. Zudem erlernen die Betroffenen die aufkommenden Impulse zu kontrollieren und nicht angemessene Gefühlsausbrüche zu verhindern.

Um zum Trauma einen gewissen Abstand zu schaffen, findet die Traumakonfrontation statt. Erst durch einen emotionalen Abstand können die zum Trauma gehörenden Gefühle zugeordnet und verarbeitet werden. Die Kontrolle wird wiederhergestellt und dem Betroffenen wird bewusst, dass das Geschehene keinen Einfluss auf das jetzt hat.

Letzten Endes kann ein Trauma nicht ausgelöscht, sondern nur integriert werden. Der Betroffene schließt mit der Vergangenheit ab und zieht optimistische Pläne für die Zukunft, dabei schafft er sich lebensfrohe Ersatz-Erinnerungen neben dem Trauma.