Brainspotting

Brainspotting

 
Die Psychotherapie beschäftigt sich seit ihrem Aufkommen mit der gezielten und professionellen Behandlung psychischer Störungen, die, bedingt durch emotionale Verletzung, dem menschlichen Individuum in psychischer sowie physischer Hinsicht Schaden zufügen können. Solche emotionalen Verletzungen finden ihre Ursache in vielfältiger Weise, beispielsweise durch Verletzungen und damit einhergehende chronische Schmerzen, Krankheiten oder allerhand anderer traumatischer Erlebnisse. Solche Traumata können innerhalb des Körpers zu einem nicht zu bewältigenden Ausmaß führen, wodurch es im Nervenzentrum zu einer signifikant veränderten Wahrnehmung kommt.
 
Denn in der Regel reagiert der menschliche Körper auf bedrohliche Situation mit einem Kampf-Flucht-Reflex oder auf einer nächstgelegenen Stufe mit einem Totstellreflex. Diese Form der Reflexsteuerung ist im Hirnstamm zu finden und entzieht sich der bewussten, menschlichen Kontrolle.Durch traumatische Ereignisse kann es jedoch zu einer Beeinträchtigung der Reflexsteuerung kommen, da solche Ereignisse nicht vollends verarbeitet werden und damit im Hirnstamm verankert bleiben. Dies führt zu einer biologisch unvollendeten Reaktion, die sich aus physischer Sicht in Form somatischer Beschwerden bemerkbar macht.
Um solche im Hirnstamm befindlichen Verankerungen zu erkennen, in weiterer Folge zu verarbeiten und final zu lösen, wird das sogenannte Brainspotting angewendet.
 

Was ist Brainspotting?

Entwickelt von David Grand handelt es sich bei Brainspotting um eine aus dem EMDR aufgekommene Methode, die gezielt zur Behandlung von Traumata, Dissoziationen oder auch emotionalen Schmerzen eingesetzt wird. Sie wird dabei als neurobiologische Methode verstanden, die es dem Gehirn ermöglicht einen selbstständigen Heilungsprozess herbeizuführen.

Die Bezeichnung Brainspotting wurde dabei von den gleichlautendenden Brainspots abgeleitet, die die Punkte in der Augenblickrichtung bezeichnen. Man geht davon aus, dass diese Brainspots in einer teilweisen Wechselbeziehung mit unbewussten Erfahrungen stehen. Wird der Fokus auf genau diese Punkte gelegt und der daraus auftretende neuronale Zugang genutzt, ist es möglich problembehaftete Erfahrungen zu isolieren und aufzuarbeiten.

Wie wird diese Methode angewendet?

Wie im oberen Absatz erwähnt, arbeitet die Brainspotting Methode sehr stark in Verbindung mit der Augenblickrichtung. Im Rahmen therapeutischer Sitzungen wird durch die Therapeutin oder den Therapeuten eine langsame Handbewegung durch das Gesichtsfeld der Klientin oder des Klienten durchgeführt. Kommt es dabei zu einer unwillkürlichen Reaktion, wie beispielweise verstärktes Blinzeln durch den Klienten, wird davon ausgegangen solch einen Brainspot gefunden zu haben.
Die Methode arbeitet somit ähnlich wie EMDR, was für „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“ steht und sich gleichsam mit Augenbewegungen beschäftigt.

Doch nicht nur die Augenposition kann Aufschluss über den Fund eines Brainspots geben, auch Beobachtungen seitens des Therapeuten können einen Hinweis geben. Diese, im Äußeren liegende Form der Erkennung, wird als „outside window“ bezeichnet. Hingegen wird die durch den Klienten selbst wahrgenommene körperlich, nicht in seiner Macht stehende Reaktion als „inside window“ bezeichnet.

Die emotionalen Erfahrungen und damit verbundenen Assoziationen, die durch den Brainspot aufgegriffen werden, werden durch gezielte Stimulation bearbeitet und aus der Verankerung im Hirnstamm Stück für Stück gelöst. Im Ergebnis soll dabei die regelrechte Löschung des konditionierten Verhaltens bewirkt werden, da durch den isolierten Brainspot Zugang zum jenem neuronalen Netzwerk ermöglicht wird, das besonders emotionale Ereignisse und Erfahrungen als Inhalte im Gedächtnis speichert.

Eine für den Klienten positiv aufgenommen Stimulation äußert sich nicht selten in weiteren Reflexen, die in den tieferen Strukturen des Gehirns ihren Ursprung finden. Beispiele dafür sind noch stärkeres Blinzeln, ein Flattern oder Zucken mit den Augen, eine veränderte Körperhaltung oder ein Verengen der Augen. Da die Aktivierung des Selbstheilungsprozesses des Gehirns dadurch begünstigt und im Rahmen therapeutischer Begleitung genau diese Aktivierung stattfinden soll, wird seitens des Therapeuten eine weitere Stimulation durchgeführt. In enger Zusammenarbeit mit dem Klienten, der sich seinerseits während dieses Vorganges weiterhin auf das Erleben der Symptome konzentriert, wird der gewünschte, tief greifende Prozess der Heilung in Gang gesetzt.

Die Wirkung für den Betroffenen

Wiederholt sich das Erleben eines traumatischen Ereignisses wird dies als Flashback bezeichnet. Für den Betroffenen ist diese Situation deutlich wahrnehmbar und äußert sich in verschiedenen körperlichen Reaktionen. Größter Zusammenhang dieser Reaktionen ist die Tatsache, dass sie unwillkürlich stattfinden und daher nicht bewusst gesteuert und beendet werden können. Herzrasen, Schweißausbrüche oder Zittern sind dabei nur ein Auszug in Betracht kommender Äußerungen. Grund dafür ist, dass das Gehirn glaubt, abermals in genau jener Situation zu sein, die damals als traumatisch im Gehirn abgespeichert wurde.

Durch die Lokalisierung des Brainspots wird der Klient nicht überfallsartig mit der traumatischen Erfahrung überflutet. Vielmehr erfolgt dies Stück und Stück, während bewusst die alte Emotion durchlebt wird. Durch die gleichzeitige Aktivierung des Amygdalas und Hippocampus wird davon ausgegangen, dass es zu keiner unkontrollierbaren Flashback Situation kommt, sondern vielmehr zu der Möglichkeit die Erinnerung zu bearbeiten und in weiterer Folge zu verarbeiten. Aus psychologischer Sicht erfolgt eine Beruhigung, die dem Körper die finale Chance gibt, eine Grundlage für eine andere emotionale Betrachtung zu legen. Für den Klienten kommt es dabei zu einer merklichen Wahrnehmung, dass er die Situation überstanden hat und das, nun ehemalige Ereignis, in etwas völlig Neues transformiert hat.
 
Die Aktion des Therapeuten beschränkt sich bei dieser Methode auf das Finden des Brainspots, alles andere kann durch den Klienten selbst in Gang gesetzt werden. Dadurch kann dem Betroffenen vor Augen geführt werden, dass er sich selbstständig in den gewünschten Heilungsprozess versetzen kann. Dennoch wird der Therapeut als unterstützender Helfer empfunden, da er den Klienten auf diesem Weg begleitet und bei einer zu intensiven Wahrnehmung der traumatischen Erfahrung, eine beruhigende und leitende Rolle einnimmt.