Ego State Therapie

Ego-State-Therapie

 

In den 1980er Jahren entwickelten die beiden US-Amerikaner John und Helen Watkins die sogenannte Ego-State-Therapie, welche in den letzten Jahren in der Psychotherapie immer mehr an Bedeutung gewann. Dabei geht es bei der psychotherapeutischen Methode, um eine nachhaltige Behandlung bezüglich der abgespaltenen Ego-States.

Was definiert Ego-States?

Seit längerem ist in der Psychologie bekannt, dass wir nicht nur aus einem einzelnen Ich bestehen. Stattdessen prägen viele unterschiedliche Facetten unsere Persönlichkeit, die sogenannten Ego-States. Dabei besitzt jede einzelne dieser Ego-States ihre eigenen Aufgaben und Strategien und werden je nach Bedarf abgerufen.

Im Grunde kristallisieren sich bei jedem Menschen vier psychische Grundbedürfnisse heraus, die von den Ego-States befriedigt werden wollen. Hierbei geht es zum einen um das Bedürfnis nach Orientierung, Kontrolle und Kohärenz, sowie um das Bedürfnis nach Lust. Zudem spielen die Bedürfnisse nach Bindung und Selbstwerterhöhung eine wichtige Rolle. Dabei wollen alle vier Grundbedürfnisse von den Ego-States befriedigt werden. Dies funktioniert allerdings meist mehr oder weniger gut, denn es kann dazu kommen, dass möglicherweise ein Grundbedürfnis auf Kosten der anderen befriedigt wird, was wiederum negative Auswirkungen zur Folge hat. Letztendlich geht es darum so wenige negative Folgen zuzulassen, wie nur möglich.

Die Entwicklung der Ego-States

John und Helen Watkins beschreiben drei Mechanismen, die bei der Entwicklung von Ego-States entscheidend sind:

Normale Differenzierung
Die normale Differenzierung zeigt, dass sich unsere Ego-States während unserer Kindheit entwickeln. Schon vor unserer Geburt entstehen bestimmte Ego-States, die dann auch fest in unserem Inneren verankert werden. Während dieser Entwicklung spielt die Umgebung eine entscheidende Rolle, denn diese prägt die Entstehung der Ego-States in vielen Bereichen, ob im Alltag, in der Politik oder in der Kultur. Jedes Mal aufs Neue wird das Verhalten der Umwelt aufgegriffen und imitiert, sodass unbewusst die anderen Personen beobachtet werden und das eigene Handeln daraus folgend angepasst wird.

Introjektion
Bei diesem Mechanismus geht es um das unbewusste Einbeziehen fremder Ansichten in das eigene Ich. Wobei die Aufnahme umso stärker ist, je größer die Verbindung zur jeweiligen Person ist.

Traumatisierung
Meist entstehen Ego-States, um gewisse Traumata die der Patient in seinem Leben durchlebt hat zu überwinden. Somit stehen diese Ego-States oft in Kombination mit dissoziativem Geschehen.

Im Falle eines gesunden Menschen verläuft daher die Zusammenarbeit der Ego-States unter der Kontrolle des Ichs einwandfrei. Doch bei Menschen wiederum, die ein Trauma oder ähnliches erlebt haben, kann es dazu kommen, dass sich ein Ego-State nicht mehr in das sogenannte innere Team, eine Kooperation der einzelnen Ego-States, einfügen lässt. So kommt es dazu, dass sich dieser Ego-State abschottet und nicht mehr unter der Kontrolle des eigenen Ichs liegt. In einem solchen Fall ist es für den betroffenen Patienten nicht mehr möglich eine Überwindung des Traumas herbeizuführen bzw. das betroffene Ego-State in das Team wieder einzugliedern.

Ablauf der Ego-State-Therapie

Im Folgenden werden die einzelnen Schritte der Ego-State-Therapie näher beschrieben, dabei ist zu beachten, dass die Reihenfolge nicht strikt eingehalten werden muss. Letztendlich kann aber die Therapie je nach Art und Weise des Ego-States unterschiedlich erfolgen. Pro Ego-State muss dabei die Ego-State-Therapie jedes Mal von vorne angefangen werden.

Zu aller erst erfolgt die Kontaktaufnahme mit den betroffenen Ego-States, dabei wird jeweils ein bestimmtes Thema aufgegriffen, zu welchem das entsprechende Ego-State etwas zu sagen hat. Im Verlaufe der Therapie wird somit auf Rollenspiele mit Figuren, Puppen oder Symbole zurückgegriffen. Aber auch Bilder oder Musik können zur Ego-State-Therapie beitragen.

Nachdem eine Kontaktaufnahme zustande gekommen ist, wird anschließend entweder direkt oder indirekt mit den jeweiligen Ego-States gesprochen. Da die meisten Ego-States unbewusst agieren, wird oft zur Unterstützung der Ego-State-Therapie auf das Mittel der Hypnose zurück gegriffen. Allerdings kann es trotzdem dazu kommen, dass sich der Ego-State weigert in Kontakt zu treten. Sei es aus Gründen von mangelndem Vertrauen gegenüber dem behandelnden Therapeuten oder Verbote, die im inneren vorherrschen und somit eine Kommunikation unmöglich machen.

Sollte aber eine Kommunikation gelingen erfolgt der nächste Schritt: das Akzeptieren der Ego-States. Da der Patient zuvor entweder gegen die Ego-States angekämpft oder diese als störend empfunden hat, muss er nun diese als einen Teil seiner selbst sehen und das positive, das ursprünglich diese Ego-States verkörperten, anerkennen. So kann danach ein Gespräch stattfinden, um an das in den Tiefen liegende Trauma zu gelangen.

Anschließend ist es nun möglich für den Patienten die zuvor abgespaltenen Ego-States Schritt für Schritt in ihrer Funktion anzuerkennen und auf eine andere Art diese in die Kooperation mit den anderen Ego-States einzufügen.

Ziele der Ego-State-Therapie

Meist ist das Hauptziel die Verringerung des Stresses der im Inneren des Patienten, aufgrund der unterschiedlichen Persönlichkeiten, vorliegt. Es muss dabei kein vollständiges Einbinden des abgespaltenen Ego-States stattfinden, es reicht bereits aus, wenn eine gewisse Kontrolle seitens des Ichs über die Ego-States herrscht.
Dadurch verlieren diese Ego-States ihre destruktiven Auswirkungen und können damit als unabhängiger Teil des eigenen Ichs existieren.

Daher besteht nun die Möglichkeit für den Patienten ein befreites Leben zu führen und sein Glück und seine Zufriedenheit zu finden. Dies ist selbst dann noch möglich, wenn der Patient das eigentliche Trauma noch nicht vollständig bezwungen hat.